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21. November 2019 – UBS Thema im Fokus

„Zu bequem gemacht auf unserer Wohlstandscouch“

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) erneuerten zu Wochenbeginn ihre Forderung nach einer „ambitionierten Investitionsoffensive der öffentlichen Hand“. Hierzu führte BDI-Präsidenten Dieter Kempf aus: „Es geht nicht in erster Linie darum, Symptome einer Rezession zu bekämpfen, sondern Ursachen einer Wachstumsschwäche anzugehen.“ Bei der Vorstellung resümierte er etwas scharfzüngig: „Wir Deutschen haben es uns in den vergangenen Jahren zu bequem gemacht auf unserer Wohlstandscouch.“ Ob der Aktienmarkt sich das zu Herzen genommen hat, ist unklar. Der DAX gab auf Wochensicht jedenfalls um 0,7 Prozent nach, während der S&P 500 Index um 0,8 Prozent zulegen konnte.

Deutliches Plus beim Autoabsatz in Europa

Dabei gab es zuletzt sogar gute Nachrichten für die Autoindustrie, die in Deutschland als Schlüsselbranche gilt. So erhöhte sich der Autoabsatz in Europa im Oktober 2019 gegenüber dem Vorjahresmonat mit einem Plus von 8,7 Prozent deutlich, wie der Branchenverband ACEA am Dienstag in Brüssel mitteilte. Dabei legten die Neuregistrierungen in Deutschland (+12,7 Prozent) und Frankreich (+8,7 Prozent) am stärksten zu, während Spanien (-6,3 Prozent) und Großbritannien (-2,9 Prozent) die Schlusslichter bildeten. Allerdings führt ACEA als Erklärung für den jetzigen Monatszuwachs einen statistischen Effekt an, da die Autoverkäufe in 2018 durch die Einführung neuer Abgasvorschriften (WLTP) eingebrochen waren.

„Brexit-Unsicherheit weicht langsam“

Zudem titelte die Frankfurter Allgemeine Zeitung am Dienstag: „Die Brexit-Unsicherheit weicht langsam“. Demnach könnte die am 12. Dezember 2019 anstehende Wahl ein Wendepunkt für die britische Konjunktur darstellen, unter anderem weil beide Parteien hohe Konjunkturausgaben angekündigt haben. Die Zeitung bezieht sich bei dieser Aussage auf einen Kapitalmarktausblick der US-Investmentbank Goldman Sachs, der allerdings bei einer „Regierung der Konservativen eine schnellere Klärung“ erwartet. Nach dem Wochenrückgang des FTSE 100 Index von 1,0 Prozent zu urteilen, scheint aber vor der Wahl am britischen Aktienmarkt noch Unsicherheit vorzuherrschen.

Deutsche Bundesbank erwartet stagnierende Wirtschaft

Die Deutsche Bundesbank sieht die deutsche Konjunktur mit Blick auf die einzelnen Wirtschaftszweige weiterhin zweigeteilt, wie dem Monatsbericht für November 2019 zu entnehmen ist. Demnach ist die rückläufige Aktivität im Verarbeitenden Gewerbe ausschlaggebend dafür, dass das BIP im Berichtszeitraum kaum wuchs, während der Handel „für deutlich positive Impulse“ sorgte. Ferner erwartet die Deutsche Bundesbank eine stagnierende Wirtschaft, aber keine Rezession. Im Originalton heißt es: „Die Schwächephase der deutschen Konjunktur wird sich voraussichtlich im Jahresschlussquartal 2019 fortsetzen. Sie wird sich aber vermutlich nicht nennenswert verschärfen.“

Bedrohen riskante Investments die Finanzstabilität?

Luis de Guindos, Vize-Chef der Europäische Zentralbank (EZB), warnte am Montag auf einer Bankenkonferenz in Frankfurt vor zu riskanten Investments, berichtete unter anderem das Magazin Der Spiegel (20.11.2019). Das niedrige Zinsumfeld könnte demnach Anleger verleiten, übermäßige Risiken einzugehen. Kurskorrekturen könnten nach Einschätzung des Spaniers daher die Finanzstabilität im Euroraum in Bedrängnis bringen. Auch die steigenden Immobilienpreise im Euroraum bereiten der EZB demnach Sorge, da diese im Schnitt um mehr als sieben Prozent überbewertet seien, wobei es von Land zu Land deutliche Bewertungsunterschiede gebe. Immerhin räumt de Guindos ein, dass die EZB eine gewisse Mitschuld an der Situation habe: „Wir sind uns dessen voll bewusst, dass unsere geldpolitische Ausrichtung, unsere Geldpolitik, begonnen hat, Nebeneffekte zu haben. Und die Nebeneffekte nehmen zu.“ Die EZB hält ihren Leitzins nun seit März 2016 auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent. Ein Ende ist bislang nicht in Sicht. Im Gegenteil: Seit dem 1. November kauft die EZB monatlich wieder Anleihen im Wert von 20 Milliarden Euro auf.

Trump protestiert gegen „zu starken Dollar“

Solch eine lockere Geldpolitik stellt sich der US-Präsident Donald Trump auch für die USA vor. In der Vergangenheit hatte er dies schon mehrfach öffentlich von der US-Notenbank Federal Reserve eingefordert. Bei einem persönlichen Treffen mit dem FED-Präsidenten Jerome Powell hatte Trump nun am Montag die Gelegenheit, sich direkt zu beschweren. Laut einer Kurznachricht auf Twitter hat er die Gelegenheit auch genutzt: „Bei meinem Treffen mit Jay Powell heute Morgen protestierte ich gegen die Tatsache, dass unser Fed-Satz im Verhältnis zu den Zinssätzen anderer konkurrierender Länder zu hoch angesetzt ist.“ Denn: „In der Tat sollten unsere Preise niedriger sein als alle anderen (wir sind die USA). Ein zu starker Dollar schadet den Herstellern und dem Wachstum!“

FED demonstriert Unabhängigkeit von Politik

Die FED nutzte hingegen die Gelegenheit, um per Pressemitteilung ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass die Notenbank ihre Entscheidungen „nur auf der Basis einer sorgfältigen, objektiven und nicht-politischen Analyse“ treffe. Ferner heißt es darin betont sachlich, dass FED-Chef Powell auf die Einladung des US-Präsidenten hin mit Trump und dem US-Wirtschaftsminister Steven Mnuchin über die Wirtschaft, Wachstum, Beschäftigung und Inflation diskutiert habe. Ob der Twitter-Appel des US-Präsidenten am Devisenmarkt erhört wurde und sich der US-Dollar deswegen auf Wochensicht gegenüber dem Euro um 0,3 Prozent abschwächte, lässt sich an dieser Stelle nicht bestätigen.

DAX vs. S&P 500 Index vs. FTSE 100 Index (5 Jahre, normiert)*

* Frühere Wertentwicklungen sind keine verlässliche Indikation für die zukünftige Wertentwicklung. (Quelle: Bloomberg, Stand: 20.11.2019)

Ausgewählte Termine der anstehenden Woche

Datum

Land/Unternehmen

Termin

21.11.2019

Eurozone

EZB Accounts: Zusammenfassung der geldpolitischen Sitzung des Rats

21.11.2019

USA

Erstanträge Arbeitslosenunterstützung

21.11.2019

USA

Philly-Fed-Herstellungsindex

21.11.2019

USA

Verkäufe bestehender Häuser

21.11.2019

Eurozone

Rede EZB-Präsidiumsmitglied De Guindos

22.11.2019

Japan

Nationaler Verbraucherpreisindex

22.11.2019

Deutschland

Bruttoinlandsprodukt

22.11.2019

Deutschland

Markit PMI Gesamtindex

22.11.2019

Deutschland

Einkaufsmanagerindex verarbeitendes Gewerbe/Dienstleistungen

22.11.2019

Frankreich

Markit PMI Gesamtindex

22.11.2019

Eurozone

Rede EZB-Präsidentin Lagarde

22.11.2019

Deutschland

Rede Deutsche-Bundesbank-Präsident Weidmann

22.11.2019

USA

Markit PMI Gesamtindex

22.11.2019

USA

Reuters/Uni Michigan Verbrauchervertrauen

25.11.2019

Japan

Führender Wirtschaftsindex

25.11.2019

Deutschland

ifo – Geschäftsaussichten, Geschäftsklimaindex, akt. Beurteilung

25.11.2019

USA

Chicago FED nationaler Aktivitätsindex

26.11.2019

USA

Immobilienpreisindex

26.11.2019

USA

S&P/Case Shiller Hauspreisindex

27.11.2019

Schweiz

ZEW Umfrage – Konjunkturerwartungen

27.11.2019

USA

Erstanträge Arbeitslosenunterstützung

27.11.2019

USA

Aufträge nicht-militärische Investitionsgüter ohne Flugzeuge

27.11.2019

USA

Auftragseingang langlebige Güter

27.11.2019

USA

Persönliche Konsumausgaben

27.11.2019

USA

PCE Kernausgaben für persönlichen Konsum

27.11.2019

USA

Bruttoinlandsprodukt

27.11.2019

USA

Schwebende Hausverkäufe

27.11.2019

USA

FED Beige Book

(Quelle: finanzen.net, Stand: 20.11.2019)

Weitere Blogeinträge:

Deutsche Finanzexperten optimistisch

In Deutschland rechnen Finanzexperten mit einem Konjunkturaufschwung. Zumindest kletterte der ZEW-Indikator für Konjunkturerwartungen im Dezember auf 12,8 Punkte und erreichte damit den höchsten Wert seit Februar 2018.