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30. August 2019 – UBS Thema im Fokus

Im Fegefeuer der Eitelkeiten

Auf dem G7-Treffen in Biarritz konnten keine nennenswerten Durchbrüche erzielt werden. Zumindest beobachtete das „Handelsblatt“ („G7-Gipfel in Biarritz endet: Das sind die Ergebnisse des Spitzentreffens“ veröffentlicht am 26.08.2019), dass es nicht einmal eine umfangreiche Abschlusserklärung gab, sondern nur ein einseitiges Papier. Nichtsdestotrotz verlief das Treffen angesichts der aktuellen geopolitischen Spannungen recht harmonisch und verheißungsvoll. US-Präsident Donald Trump kündigte beispielsweise einen ersten Staatsbesuch in Berlin an, ohne einen konkreten Termin zu nennen. Zudem kam es unerwartet zu Entspannungssignalen im Atomkonflikt mit dem Iran. Dann stellte Trump ein Treffen mit dem iranischen Präsidenten Hassan Rohani in Aussicht, der laut dem „Spiegel“ („Trump will Rohani treffen – doch der stellt Bedingungen für ein Treffen“ veröffentlicht am 27.08.2019) hierfür jedoch Bedingungen stellte.

Verletzte Eitelkeiten

Zudem einigten sich die Staats- und Regierungschefs der sieben wichtigsten westlichen Industrieländer auf einen Notfallplan in Höhe von 20 Millionen US-Dollar. Dieser soll Brasilien im Kampf gegen die Brände im Regenwald des Amazonasgebiets zur Verfügung gestellt werden. Doch Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro lieferte einen weiteren Beweis, wie sehr verletzte Eitelkeiten von Politikern zurzeit das Weltgeschehen beeinflussen. Denn für die Annahme der angebotenen internationalen Soforthilfe stellte dieser am Dienstag überraschend eine persönliche Bedingung, wie unter anderem die „FAZ“ („Bolsonaro stellt Bedingungen für Hilfsangebot“ veröffentlicht am 27.08.2019) meldete: „Zunächst sollte Macron die Beleidigungen gegen mich zurücknehmen.“ Dieser soll ihn demnach einen Lügner genannt haben.

Über allem schwebt der Handelskrieg

Das nach wie vor bestimmende Thema an den Weltmärkten ist und bleibt jedoch der Handelskrieg zwischen den USA und China, der scheinbar von Woche zu Woche weiter zu eskalieren droht. Erst am vergangenen Freitag hatte Peking neue Vergeltungszölle auf US-Waren angekündigt, worauf US-Präsident Donald Trump per Twitter postwendend eine Erhöhung bestehender Strafzölle verkündete. Das neuerliche Zoll-Wettrüsten schickte nicht nur den Aktienmarkt an der Wall Street auf Talfahrt.

Fed-Chef als Staatsfeind?

Der Handelskrieg beschäftigte auch US-Notenbankchef Jerome Powell. In Jackson Hole erinnerte dieser, dass es nicht die Aufgabe der Notenbank sei, einen Handelskrieg abzufedern und die Fed dafür auch nicht die richtigen Argumente habe. Dennoch meinte er, dass die Fed zu weiteren Zinssenkungen bereit sei, falls sich die Stimmung in der US-Wirtschaft verschlechtere. Dem US-Präsidenten war dies zu wenig: Auf Twitter warf Trump der Fed vor, „wie gewöhnlich nichts“ zu unternehmen und fragte, wer der größere Feind sei: „Jerome Powell oder der Vorsitzende Xi“, womit er Chinas Staatspräsidenten Xi Jinping meinte.

Hoffnung auf baldiges Ende im Handelskonflikt …

Dennoch kamen aus China zu Wochenbeginn versöhnliche Töne. Das chinesische Wirtschaftsmagazin „Caixin“ berichtete am Montag, dass der chinesische Vizepremierminister Liu He, der in der Regierung für die Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten zuständig ist, gewillt sei, „den Handelskonflikt durch ruhige Verhandlungen zu lösen“. Das beeindruckte Trump so sehr, dass er Xi und seinen Vertretern per Twitter Respekt zollte. Auf dem G7-Treffen verströmte er zudem die Hoffnung auf ein baldiges Ende der Auseinandersetzung.

… aber nicht auf Ende der geopolitischen Unsicherheiten

Gabriel Felbermayr, der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, zeigt sich im Interview mit der „Welt“ („Im Handelskrieg mit Trump kommt China langsam in die Vorhand“ veröffentlicht am 25.08.2019) überzeugt, dass der Handelskrieg tatsächlich „formal schnell beizulegen“ sei. Allerdings gibt er gleichzeitig zu bedenken: „Leider würde das aber nur wenig helfen, denn das genuine Trump-Problem wäre damit nicht weg vom Tisch: Dieser Präsident kann immer wieder und gegenüber jedem Handelspartner einen hässlichen Handelskrieg hervorbeschwören. Und genau diese Möglichkeit ist es, was dem Welthandel gerade zu schaffen macht, egal welche Wendung der US-China-Konflikt gerade nimmt.“

Bilaterale Handelsabkommen als Lösung

Die geopolitischen Unsicherheiten lassen Gold zurzeit hoch im Kurs stehen. Die Krisenwährung erreichte zuletzt mit 1.552 US-Dollar je Feinunze ein neues Mehrjahreshoch. Als „sicheren Hafen“ empfinden Anleger derzeit offenbar auch Anleihen. Nach Ansicht des „Handelsblatts“ („Anleihen sind die neuen Aktien“ veröffentlicht am 26.08.2019) sorgt die Bond-Rallye für eine verkehrte Welt an den Finanzmärkten, da Anleihekurse seit Jahresbeginn deutlich stärker gestiegen seien als die großen Aktienbarometer. Um eine drohende Rezession abzufedern, rät Felbermayr der EU bilaterale Handelsabkommen mit anderen Handelspartnern als der USA.

Drohung Johnsons „wider alle Vernunft“

Der Abschluss eines immer dringlicher werdenden Handelsabkommens rückt allerdings immer weiter in die Ferne. Der britische Premierminister Boris Johnson zeigte sich beim G7-Treffen gegenüber EU-Vertretern entgegen anderslautender Beteuerungen seinerseits wenig verhandlungsbereit. In Biarritz suchte er stattdessen die Nähe zum US-Präsidenten, der ihm erneut ein Handelsabkommen mit den USA in Aussicht stellte. Im Gespräch mit dem TV-Sender „Sky News“ wiederholte Johnson die Drohung, den Zahlungsverpflichtungen Großbritanniens gegenüber der EU im Fall eines harten Austritts ohne Abkommen nicht nachkommen zu wollen: „Ich denke, die gesamte Europäische Union versteht, dass, wenn wir ohne einen Deal rausgehen, die 39 Milliarden keine rechtliche Verpflichtung mehr darstellen.“ EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger sagte daraufhin der „Augsburger Allgemeinen“, dass Johnson mit der EU „sicherlich keine erfreulichen Abmachungen über die Zukunft bekommen würde, sollte er wider alle Vernunft die Zahlung verweigern“.

“Johnson suspendiert einfach repräsentative Demokratie“

Die „Financial Times“ mutmaßt denn auch, dass ein No-Deal-Brexit offenbar der „eigentliche Plan“ von Johnson sei. In dieses Bild passt auch, dass Johnson mit Zustimmung von Königin Elizabeth II. am Mittwoch die traditionelle Parlamentspause bis zum 14. Oktober verlängern ließ. Damit will er den Oppositionsparteien die Möglichkeit nehmen, vor dem Austrittstermin am 31.10.2019 ein Gesetz durchzuboxen, um einen EU-Austritt ohne Austrittsabkommen zu verhindern. Die „Welt“ titelte am Mittwoch: „Johnson suspendiert einfach die repräsentative Demokratie.“ Das britische Pfund neigte daraufhin am Währungsmarkt zur Schwäche und sank am Mittwoch unter die Marke von 1,22 US-Dollar.

Regierungsbildung in Rom

In Italien zeichnet sich dagegen die Bildung einer neue Regierung ab, wie unter anderem das „ZDF“ („Conte soll neue Regierung in Italien bilden“ veröffentlicht 29.08.2019) berichtet. Dadurch könnten Neuwahlen verhindert werden, bei denen Umfragen zufolge der Rechtpopulist und Europa-Skeptiker Matteo Salvini die Nase vorne gehabt hätte. Der bisherige Ministerpräsident Giuseppe Conte scheint aber mit seiner populistischen Fünf-Sterne-Bewegung ein Bündnis mit den Sozialdemokraten einzugehen. Jedenfalls erhielt Salvini von Staatspräsident Sergio Mattarella den Auftrag zur Bildung einer neuen Regierung, die dann noch von beiden Parlamentskammern genehmigt werden muss.

Gold je Feinunze (US-Dollar) 5 Jahre*

* Frühere Wertentwicklungen sind keine verlässliche Indikation für die zukünftige Wertentwicklung. (Quelle: Bloomberg, Stand: 28.08.2019)

Ausgewählte Termine der anstehenden Woche

Datum Land/Unternehmen Termin
30. Aug 19 Deutschland Verbraucherpreisindex
30. Aug 19 Deutschland Einzelhandelsumsätze
30. Aug 19 Eurozone Arbeitslosenquote
30. Aug 19 USA Private Einkommen/Ausgaben
30. Aug 19 USA Privater Konsum
30. Aug 19 USA Chicago Einkaufsmanagerindex
30. Aug 19 USA Reuters/Uni Michigan Verbrauchervertrauen
31. Aug 19 China Einkaufsmanagerindex
02. Sep 19 China Caixin Einkaufsmanagerindex Produktion
02. Sep 19 Deutschland Einkaufsmanagerindex Verarbeitendes Gewerbe
02. Sep 19 Großbritannien Markit Einkaufsmanagerindex Verarbeitendes Gewerbe
03. Sep 19 USA ISM Verarbeitendes Gewerbe
03. Sep 19 Großbritannien BRC Like-For-Like Einzelhandelsumsätze
03. Sep 19 USA Markit Einkaufsmanagerindex Produktion
03. Sep 19 USA ISM bezahlte Preise
04. Sep 19 China Caixin Einkaufsmanagerindex Dienstleistung
04. Sep 19 Deutschland Markit Einkaufsmanagerindex
04. Sep 19 Großbritannien Markit Einkaufsmanagerindex Dienstleistung
04. Sep 19 Eurozone Einzelhandelsumsätze
04. Sep 19 USA Handelsbilanz
05. Sep 19 USA ISM Nicht-verarbeitendes Gewerbe
05. Sep 19 USA Markit Einkaufsmanagerindex Dienstleistung
05. Sep 19 USA Anträge Arbeitslosenunterstützung

(Quelle: finanzen.net, Stand: 28. August 2019)

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