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19. September 2019 – UBS Thema im Fokus

“Kein Grund für konjunkturelle Hysterie”

Am Wochenende schockte ein Drohnenangriff auf saudische Ölanlagen die Energiemärkte. Nach Angaben Saudi-Arabiens soll es zu einem anfänglichen Produktionsausfall von 5,7 Millionen Barrel Öl pro Tag gekommen sein, was fast fünf Prozent der globalen Förderungsmenge entspricht. In einer ersten Reaktion schnellte der Ölpreis der Sorte WTI zu Wochenbeginn zeitweise auf mehr als 64 US-Dollar je Barrel, beruhigte sich aber schnell wieder und notiert aktuell unterhalb von 60 US-Dollar. Selbst auf dem erhöhten Preisniveau kostete Erdöl aber immer noch weniger als vor einem Jahr. Dennoch zeigt die Preisreaktion die Sorge der Marktteilnehmer, dass die Situation in der Region eskalieren könnte. US-Präsident Donald Trump kündigte per Twitter vorerst eine Verschärfung der Wirtschaftssanktionen gegen den Iran an, da die US-Administration Iran als Drahtzieher hinter den Anschlägen vermutet.*

Ölpreisanstieg „keine echte Bedrohung“

Gabriel Felbermayr, Präsident des Instituts für Weltwirtschaft, sieht durch den Produktionsausfall für die Weltwirtschaft „keine echte Bedrohung“: Allein Russland und die USA wären in der Lage, ihre Förderkapazitäten kurzfristig derart nach oben zu schrauben, dass sie den Ausfall ausgleichen könnten, meinte Felbermayr im Gespräch mit der WirtschaftsWoche („‘Der Ölpreis bei 100 Dollar? Das ist Spinnerei!‘“ veröffentlicht am 16.09.2019). Tatsächlich lösten die USA nach Erhebungen der Internationalen Energieagentur (IEA) bereits im Juni 2019 Saudi-Arabien als weltgrößten Ölexporteur ab. Die IEA warnte sogar erst Ende vergangener Woche wegen innovativer Fördermethoden wie zum Beispiel des sogenannten Frackings vor einem zu großen Ölangebot am Weltmarkt. Mithilfe der innovativen Fracking-Methode kann Schieferöl aus tiefen Gesteinsschichten gewonnen werden.

Selbst 100 US-Dollar je Barrel verkraftbar?

Zudem scheint Saudi-Arabien den Ausfall schnell in den Griff zu bekommen. Der Spiegel („Notenbank nach Öl-Schock zu Eingriffen auf Finanzmarkt bereit“ veröffentlicht am 17.09.2019) schreibt zumindest, dass die Produktion schon wieder zu fast 70 Prozent wiederhergestellt sei. Doch Felbermayr zeigt sich selbst bei einem hypothetischen Anstieg des Ölpreises auf 100 US-Dollar je Barrel zuversichtlich, dass „die Weltkonjunktur das wegstecken“ könnte. In diesem Zusammenhang führt Felbermayr im besagten Interview den Internationalen Währungsfonds an, der bei einem Ölpreisanstieg um zehn Prozent eine Verringerung des globalen Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,1 Prozent für zwei Jahre annimmt, was „kein Grund für konjunkturelle Hysterie“ sei.

US-Industrie überraschend stark

Entwarnung ging zuletzt auch von anderen Entwicklungen aus. So konnte beispielsweise die US-Industrie im August trotz des anhaltenden Handelsstreits mit China 0,5 Prozent mehr produzieren als im Vormonat, wie die US-Notenbank FED am Dienstag mitteilte. Nach einem Minus von 0,4 Prozent hatten von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen im Vorfeld mit einem Anstieg von nur 0,2 Prozent gerechnet, wie die WirtschaftsWoche („US-Industrie überrascht mit spürbarem Produktionsplus“ veröffentlicht am 17.09.2019) berichtet. Derweil schwächte sich die Industrieproduktion Chinas im Vorjahresvergleich auf einen Anstieg von 4,4 Prozent ab. Nach Angaben des Handelsblatts („Chinas Wirtschaft entwickelt sich noch schlechter als erwartet“ veröffentlicht am 16.09.2019) liegt dieses Plus sogar unter dem Anstieg im Vormonat, als das Wirtschaftswachstum der Volksrepublik auf den niedrigsten Stand seit Anfang des vergangenen Jahrzehnts gefallen ist. Der S&P 500 Index muss auf Wochensicht einen geringen Kursrückgang von wenigen Punkten verkraften, während der Hang Seng Index ein Minus von fast 1,5 Prozent beklagt.*

IfW erwartet in Deutschland nur „kurze“ Rezession

Die deutsche Wirtschaft wird nach Einschätzung des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) im Herbst eine technische Rezession vollführen. Das wäre erfüllt, wenn die Wirtschaft zwei Quartale hintereinander schrumpfen würde. Nach dem Minus im Vorquartal rechnen die IfW-Konjunkturforscher im dritten Quartal mit einem weiteren Rückgang um 0,3 Prozent, wie sie in einer am Mittwoch veröffentlichten Prognose erklären. Die Rezession soll demnach aber nur kurz währen, da sich die Wirtschaft hierzulande bereits nächstes Jahr wieder fangen dürfte. Hierfür müssten sich wohl die Auftragsbücher im deutschen Maschinenbau wieder füllen. Diese sind laut Erhebungen des Vereins Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken (VDW) im ersten Halbjahr 2019 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um mehr als ein Fünftel gesunken. Es kann nicht nachvollzogen werden, ob die Hoffnung auf eine kurze Rezession dem DAX zu einem kleinen Wochenplus von immerhin 0,3 Prozent verholfen hat.*

Wer macht das Rennen?

Auf der derzeit ebenfalls stattfindenden Internationalen Automobilausstellung (IAA) ist die Elektromobilität ein Lieblingsthema. Volkswagen zum Beispiel stellt in den Frankfurter Messehallen sein Elektroauto ID.3 vor. In einer Gesprächsrunde mit Journalisten u.a. von der WirtschaftsWoche („Wie Politiker und andere Autohersteller zum Wasserstoff-Antrieb stehen“ veröffentlicht am 17.09.2019) zeigte sich VW-Chef Herbert Diess sicher, dass das Wasserstoffauto in den kommenden zehn Jahren keine relevante Option für den Antrieb von Autos sei. Sein Hauptkritikpunkt lautete dabei, dass Wasserstoff derzeit nicht CO2-neutral produziert werden könne. Doch andere Anbieter wie zum Beispiel BMW und Toyota sehen das offenbar anders. Zumindest arbeiten sie weiter an der Entwicklung des Wasserstoffautos, wie u.a. im besagten Artikel der WirtschaftsWoche zu erfahren ist. Das trifft nach Recherchen des SWR („Audi forscht in Neckarsulm weiterhin an Brennstoffzellen-Technologie“ veröffentlicht am 14.09.2019) übrigens auch auf die VW-Tochter Audi zu. Die auseinandergehenden Meinungen selbst innerhalb des VW-Konzerns zeigen einmal mehr, in welchem technologischen Umwälzprozess die Branche gerade steckt. Der EURO STOXX Automobile & Parts Index muss im Wochenvergleich einen leichten Kursverlust hinnehmen.*

Ölpreis der Sorte WTI pro Barrel in US-Dollar (5 Jahre)*

* Frühere Wertentwicklungen sind keine verlässliche Indikation für die zukünftige Wertentwicklung. (Quelle: Bloomberg, Stand: 18.09.2019)

Ausgewählte Termine der anstehenden Woche

Datum Land/Unternehmen Termin
20. Sep. 19 Japan Nationaler Verbraucherpreisindex
20. Sep. 19 Japan Ausländische Investitionen in japanische Aktien
20. Sep. 19 Deutschland Erzeugerpreisindex
20. Sep. 19 Kanada Einzelhandelsumsätze
23. Sep. 19 Deutschland Einkaufsmanagerindex
23. Sep. 19 Deutschland Markit Einkaufsmanagerindex
23. Sep. 19 Eurozone Markit Einkaufsmanagerindex
23. Sep. 19 USA Markit Einkaufsmanagerindex
24. Sep. 19 Japan Führender Wirtschaftsindex
24. Sep. 19 Deutschland ifo Geschäftsaussichten/Geschäftsklimaindex/aktuelle Beurteilung
24. Sep. 19 Großbritannien Nettokreditaufnahmen des öffentlichen Sektors
24. Sep. 19 USA Immobilienpreisindex
24. Sep. 19 USA S&P/Case-Shiller Hauspreisindex
24. Sep. 19 USA Verbrauchervertrauen Conference Board
25. Sep. 19 Japan BoJ Geldpolitik Sitzung
25. Sep. 19 Deutschland GfK Verbrauchervertrauen
25. Sep. 19 Deutschland Auktion 10-jähriger Staatsanleihen
25. Sep. 19 Schweiz ZEW Umfrage – Konjunkturerwartungen
25. Sep. 19 USA Verkäufe neuer Häuser
26. Sep. 19 USA BIP
27. Sep. 19 Eurozone Wirtschaftsbulletin
28. Sep. 19 USA Anträge auf Arbeitslosenunterstützung
29. Sep. 19 USA Persönliche Konsumausgaben
30. Sep. 19 USA Bruttoinlandsprodukt Preisindex
1. Okt. 19 USA Schwebende Hausverkäufe

(Quelle: finanzen.net, Stand: 18.09.2019)

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Deutsche Finanzexperten optimistisch

In Deutschland rechnen Finanzexperten mit einem Konjunkturaufschwung. Zumindest kletterte der ZEW-Indikator für Konjunkturerwartungen im Dezember auf 12,8 Punkte und erreichte damit den höchsten Wert seit Februar 2018.