KeyInvest Blog

8. August 2019 – UBS Thema im Fokus

Schlittert die deutsche Wirtschaft in eine Krise?

Die deutsche Wirtschaft befindet sich nach Ansicht des Instituts für Weltwirtschaft ifw Kiel im Abschwung. Daher senken die Marktbeobachter im aktuellen Konjunkturbericht Deutschland die eigene Prognose für das hiesige Wirtschaftswachstum in 2019 gegenüber dem Vorjahr auf 0,6 Prozent und machen hierfür vor allem die weltweit hohen wirtschaftspolitischen Unsicherheiten verantwortlich. Das Wirtschaftsministerium teilte am heutigen Mittwoch zudem mit, dass Industrie, Bau und Energieversorger im Juni zusammen 1,5 Prozent weniger als im Vormonat produziert haben, wie im „Handelsblatt“ (Artikel „„Auftakt zu technischer Rezession: Unternehmen drosseln Produktion“ veröffentlicht am 7. August 2019) zu lesen ist. Aus Sicht des Ministeriums bleibe die Industrie „konjunkturell im Abschwung“.

Einen nicht unwesentlichen Anteil hieran hat die Eskalation des Handelskriegs zwischen USA und China. Dieser erlebte zu Beginn der Woche einen neuen Höhepunkt, nachdem US-Präsident Donald Trump der Zentralregierung in Peking per Twitter mit neuen Zöllen in Höhe von zehn Prozent auf Waren wie Handys, Laptops, Spielzeuge und Schuhe drohte, wie u.a. „Zeit Online“ berichtete (Artikel „Verzockt sich Trump im Wirtschaftskrieg?“ veröffentlicht am 6. August 2019). Die Antwort aus Fernost ließ demnach nicht lange auf sich warten: China verbot kurzerhand die Einfuhr US-amerikanischer Agrarprodukte. Zudem ließ Peking zu Wochenbeginn die Landeswährung Yuan gegenüber dem US-Dollar abwerten. Erstmals seit 2008 musste man für einen US-Dollar mehr als sieben Yuan zahlen. Trump warf China daraufhin erstmals offiziell „Währungsmanipulation“ vor. Sein Finanzminister Steven Mnuchin kündigte an, sich deswegen an den Internationalen Währungsfonds zu wenden, um dort Beschwerde wegen unfairem Wettbewerb einzureichen.

Die Aktienmärkte reagierten geschockt auf die neuerliche Eskalationsstufe, die durchaus in einem Währungskrieg münden könnte. Obwohl die chinesische Notenbank mittlerweile den Yuan stabilisierte, rutschte der DAXTM dennoch unter die Marke von 11.700 Punkten. „Der Spiegel“ (Artikel „Warum der Wirtschaftskrieg noch hässlicher werden könnte“ veröffentlicht am 7. August 2019) sieht in dem Konflikt mehr als nur einen Handelskrieg, sondern das Ringen zweier Großmächte um die wirtschaftliche Weltmacht. In dieses Bild passt, dass China die USA unmissverständlich davor gewarnt hat, nach dem Ablauf des INF-Vertrags den geäußerten Plan umzusetzen, in Asien Mittelstreckenraketen zu stationieren. US-Verteidigungsminister Mark Esper legte nach Informationen des „ZDF“ (Artikel „Esper erhebt neue China-Vorwürfe“ veröffentlicht am 7. August 2019) bei einem Treffen mit dem japanischen Ministerpräsidenten Shinzo Abe nach und warf China eine „räuberische“ Wirtschaftspolitik vor.

Doch es gibt Hoffnung, dass die deutsche Wirtschaft mit einem blauen Auge davonkommt. Daimler meldete dem geopolitische Konflikten und der Diesel-Krise zum Trotz am Mittwoch einen Rekordabsatz: Die Stuttgarter verkauften im vergangenen Juli 189.000 Autos. Das sind 12,7 Prozent mehr als im Vorjahresmonat und so viel wie noch nie in einem Juli. Das ifw Kiel geht im besagten Konjunkturbericht davon aus, dass die gesamtwirtschaftliche Produktion in Deutschland in der zweiten Jahreshälfte wieder moderat Fahrt aufnehmen wird. Dafür spreche, dass der private Konsum mit den weiter kräftig steigenden Einkommen wieder spürbar zulegen dürfte. Tatsächlich stiegen die Tariflöhne im ersten Halbjahr 2019 im Schnitt um nominal 3,2 Prozent, in der Metallindustrie sogar um 4,1 Prozent. So stark sind die nominalen Tariflöhne seit der ersten vergleichbaren Berechnung im Jahr 2000 nicht gestiegen, teilte das Wirtschaftsinstitut WSI Tarifarchiv der Hans-Böckler-Stiftung Anfang August mit. (Stand: 7. August 2019)

Natürlich kann es sein, dass Unternehmen bei einer anhaltenden Exportschwäche vermehrt mit Entlassungen reagieren, was die private Kaufkraft schwächen würde. Doch Marcel Fratzscher, Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), beschwichtigt bei „ntv“ (Artikel „Wieso Deutschlands Konjunktur schwächelt“ veröffentlicht am 24. Juli 2019): „Auch wenn die Arbeitslosenquote leicht steigen mag, dürfen wir nicht vergessen, dass die Arbeitslosenquote in den letzten 50 Jahren selten niedriger war als heute.“ Auch Sebastian Dullien vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung ist überzeugt, dass der Inlandskonsum und der Bau die Wirtschaft momentan am Laufen hält. Damit das so bleibt, fordert er im Gespräch mit dem „Deutschlandfunk“ (Interview „Die deutsche Konjunktur steht auf der Kippe“ veröffentlicht am 7. August 2019) allerdings vom Staat deutlich steigende Investitionen in die hiesige Infrastruktur.

DAX (Punkte) 5 Jahre*

DAX (Punkte) 1 Jahr*

* Frühere Wertentwicklungen sind keine verlässliche Indikation für die zukünftige Wertentwicklung. (Quelle: Bloomberg, Stand: 07.08.2019)

Ausgewählte Termine der anstehenden Woche

Datum Land/Unternehmen Termin
08.08.2019 China Handelsbilanz
08.08.2019 Eurozone Wirtschaftsbulletin
08.08.2019 USA Arbeitslosenzahlen
08.08.2019 Adidas Quartalszahlen
08.08.2019 MLP Quartalszahlen
08.08.2019 Deutsche Telekom Quartalszahlen
08.08.2019 ThyssenKrupp Quartalszahlen
08.08.2019 Uniper Halbjahr
09.08.2019 China Verbraucherpreise
09.08.2019 Deutschland Handelsbilanz
09.08.2019 Großbritannien Bruttoinlandsprodukt
09.08.2019 Salzgitter Halbjahr
12.08.2019 Deutschland Verbraucherpreisindex
13.08.2019 Deutschland ZEW Umfrage
13.08.2019 USA Verbraucherpreisindex
13.08.2019 Deutsche Wohnen Halbjahr
13.08.2019 Henkel Halbjahr
13.08.2019 TUI Quartalszahlen
14.08.2019 China Industrieproduktion
14.08.2019 Deutschland Bruttoinlandsprodukt
14.08.2019 Eurozone Bruttoinlandsprodukt
14.08.2019 RWE Halbjahr

(Quelle: finanzen.net, Stand: 7. August 2019)

Weitere Blogeinträge:

Deutsche Finanzexperten optimistisch

In Deutschland rechnen Finanzexperten mit einem Konjunkturaufschwung. Zumindest kletterte der ZEW-Indikator für Konjunkturerwartungen im Dezember auf 12,8 Punkte und erreichte damit den höchsten Wert seit Februar 2018.