USA nimmt die EU ins Visier
7. Oktober 2019 – UBS Thema im Fokus
USA nimmt die EU ins Visier
Der Handelskonflikt zwischen den USA und China belastet aus Sicht des Institute for Supply Management (ISM) zunehmend die US-Industrie. Denn diese schrumpfte einer ISM-Umfrage zufolge im September 2019 so stark wie seit rund zehn Jahren nicht mehr. Der von ISM am Dienstag veröffentlichte Einkaufsmanagerindex ging im vergangenen Monat auf 47,8 Punkte und damit auf den niedrigsten Wert seit Juni 2009 zurück. Damals litt die US-Wirtschaft unter den Folgen der Finanzkrise. In der Folge verliert der S&P 500 Index auf Wochensicht 2,6 Prozent an Wert.
Welthandelsorganisation senkt Wachstumsprognose
Die internationalen Handelskonflikte beschäftigen auch die Welthandelsorganisation (WTO). Wegen dieser, aber auch wegen der geldpolitischen Ausrichtung in den Industrieländern und den Unsicherheiten bezüglich des EU-Austritts Großbritanniens hat die WTO ihre Wachstumsprognose für den Weltwarenhandel im laufenden Jahr mehr als halbiert: Die Ökonomen der Organisation gehen nunmehr von einem Zuwachs des weltweit gehandelten Warenvolumens in 2019 gegenüber dem Vorjahr von 1,2 Prozent aus. Noch im April lautete die Prognose 2,6 Prozent. Auch für das Folgejahr gab es eine Korrektur des Ausblicks nach unten. Anstatt um 3,0 Prozent soll der weltweite Warenhandel in 2020 gegenüber dem Vorjahr um 2,7 Prozent zulegen, aber nur wenn sich die internationalen Handelsbeziehungen bis dahin wieder normalisieren sollten. Die Prognose basiert auf der Annahme, dass das globale Bruttoinlandsprodukt sowohl in 2019 als auch in 2020 um jeweils 2,3 Prozent – und nicht wie bislang angenommen um 2,6 Prozent – ansteigt.
USA kündigen Strafzölle gegen EU an
Doch nach Entspannung bei den Handelsbeziehungen sieht es derzeit nicht aus. Ganz im Gegenteil: Die US-Regierung kündigte nun auch Strafzölle auf Flugzeuge und andere Importe aus der EU an, wie unter anderem die Tagesschau („USA kündigen Strafzölle gegen EU an“ veröffentlicht am 03.10.2019) berichtet. Hintergrund ist ein Urteil des WTO-Schiedsgerichts, das illegale Subventionen für Airbus durch die EU anerkannt hat. Die Folge ist, dass die USA als Gegenmaßnahme nun Sonderzölle erheben dürfen. Ein entsprechender Antrag der USA sieht Strafzölle in Höhe von 25 Prozent auf Waren wie französischen Wein, Käse, Oliven aus Frankreich und Spanien, schottischen und irischen Whiskey, britische Wollprodukte sowie Werkzeuge und Kameralinsen aus Deutschland vor. Die erfassten Waren sollen einen Wert von 7,5 Milliarden US-Dollar haben.
Gegenschlag in Vorbereitung
Bereits im Vorfeld der WTO-Entscheidung erwartete die EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström laut Focus Money („EU rechnet noch im Oktober mit neuen US-Strafzöllen“ veröffentlicht am 01.10.2019), dass die US-Administration noch im Oktober Strafzölle gegen EU-Importe verhängen wird. Allerdings bereitet sich die EU auf einen Gegenschlag vor. So wird zum Jahreswechsel ein weiteres Urteil durch die WTO erwartet, ob auch der US-amerikanische Wettbewerber Boeing illegale Subventionen durch die USA erhalten hat. Sollte dem so sein, drohte die EU ihrerseits bereits mit Sonderzöllen, wenn die US-Regierung ihre Zollpläne in die Tat umsetzen sollte. Wer aus einer Vergeltungsspirale von Zöllen und Gegenzöllen als Gewinner hervorgeht, steht nicht fest. Der Euro STOXX 50 Index muss in jedem Fall ein Wochenminus von 1,7 Prozent verkraften.
Privatkonsum als tragende Säule
Bundeskanzlerin Angela Merkel wies am Rande eines Treffens mit Vertretern internationaler Finanz- und Wirtschaftsorganisationen darauf hin, dass nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds (IWF) der private Konsum das Wirtschaftswachstum in vielen Ländern trage. Das treffe auch auf Deutschland zu, so Merkel laut dem Handelsblatt („Merkel: Weltweite Konjunkturverlangsamung trifft auch Arbeitsmärkte“ veröffentlicht am 02.10.2019). Vor diesem Hintergrund ist der Blick auf den Arbeitsmarkt wichtig. Denn der Privatkonsum wird in der Regel von hohen Beschäftigungszahlen gestützt. Die Kanzlerin äußerte jedoch Bedenken, dass sich die weltweite Verlangsamung des Wirtschaftswachstums absehbar auf die Arbeitsmärkte auswirken könnte.
Arbeitsmarkt noch „in einer robusten Verfassung“
Bislang zeigt sich der Arbeitsmarkt hierzulande nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) jedoch „in einer robusten Verfassung“. Wie die Agentur zu Wochenbeginn bekanntgab, fiel die Arbeitslosigkeit im September auf 4,9 Prozent. Doch nach Aussage des BA-Vorstandsvorsitzenden Detlef Scheele halte das Beschäftigungswachstum noch an, verliere aber an Schwung. Auch das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) warnt vor den Belastungen der zugespitzten weltwirtschaftlichen Verwerfungen für die exportorientierte deutsche Industrie. Aus ihrer Sicht endet der positive Trend am hiesigen Arbeitsmarkt zur Jahreswende. In 2020 soll die Arbeitslosenquote demnach im Schnitt auf 5,2 Prozent steigen. Im Vergleich zur Wochenperformance des US-amerikanischen S&P 500 Index präsentiert sich der DAX mit einem Wochenminus von 1,5 Prozent recht robust, was aber auch auf die vorangegangene Outperformance des US-Index der letzten Jahre und Monate (siehe Charts weiter unten) zurückgeführt werden kann.
Nur kleines Wachstum der deutschen Wirtschaft erwartet
Die deutsche Wirtschaft werde daher nur schwach wachsen: Die IMK-Forscher erwarten beim deutschen Bruttoinlandsprodukt in 2019 und 2020 im Jahresdurchschnitt nur noch ein Plus von 0,4 bzw. 0,7 Prozent. Bereits am Montag war Merkel bei einem Festakt zum Tag der deutschen Einheit bei der Deutschen Marine in der Hansestadt Stralsund im Kreis Vorpommern-Rügen, wie die Ostsee-Zeitung („Merkel: Die Stimme der Menschen im Osten kann wieder lauter werden“ veröffentlicht am 30.09.2019) berichtet. Bei ihrer Rede sprach die in Ostdeutschland aufgewachsene Kanzlerin den „Ostdeutschen“ Mut zu und erinnerte daran, dass der Wohlstand in den alten Bundesländern auch von jungen Menschen getragen werde, die von den neuen in die alten Bundesländern gezogen seien.
Ostdeutsche arbeiten für weniger Geld länger als Westdeutsche
Einen möglichen Grund für die Abwanderungswilligkeit junger Ostdeutscher liefert die Hans-Böckler-Stiftung. Diese hat ermittelt, dass Beschäftigte in Ostdeutschland im Schnitt nach wie vor deutlich weniger als in Westdeutschland verdienen. Demnach beträgt der Lohnabstand bei Angestellten im gleichen Beruf, gleichen Geschlechts und mit vergleichbarer Erfahrung 16,9 Prozent. Besonders stark zurück liegen ostdeutsche Arbeitnehmer, die über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügen oder eine weiterführende berufliche Qualifikation – zum Beispiel als Techniker oder Meister – erworben haben. Trotzdem arbeitet man in Ostdeutschland länger als im Westen, wie Der Spiegel („Längere Arbeitszeit, weniger Lohn“ veröffentlicht am 30.09.2019) unter Verweis auf Zahlen des Statistischen Bundesamts bereits im Juli 2019 festhielt. Ohne Berlin kamen demnach Arbeitsnehmer in westdeutschen Bundesländern im Jahr 2018 auf 1.295 Arbeitsstunden, während es im Osten mit Berlin 1.351 Stunden und damit 56 Stunden mehr waren.
West-Ost-Gefälle bei Deutschlands Elite
Am Montag ging auch der Fernsehsender ARD („Was Deutschland bewegt: Wer beherrscht Deutschland?“ veröffentlicht am 30.09.2019) der Frage nach, wer Deutschland beherrscht. Hierzu recherchierten die Journalisten unter anderem, woher seit 1990 die Mitglieder der Bundesregierung, die Vorstandssprecher der 100 größten Unternehmen Deutschlands, die Vorsitzenden der größten Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften, die Vorsitzenden Richter an den obersten Bundesgerichten sowie die Rektoren beziehungsweise Präsidenten an staatlichen Universitäten kamen. Demnach gibt es bei der Vergabe dieser wichtigen Posten ein deutliches West-Ost-Gefälle. Von einer Million Westdeutschen konnten immerhin vier Personen einen der aufgeführten Jobs ergattern. Von einer Million Ostdeutschen schaffte den Aufstieg dagegen nur einer.
DAX vs. S&P 500 Index (5 Jahre, normiert)*
DAX vs. S&P 500 Index (3 Monate, normiert)*
* Frühere Wertentwicklungen sind keine verlässliche Indikation für die zukünftige Wertentwicklung. (Quelle: Bloomberg, Stand: 02.10.2019)
Ausgewählte Termine der anstehenden Woche
Datum | Land/Unternehmen | Termin |
04.10.2019 | USA | Beschäftigung außerhalb der Landwirtschaft |
04.10.2019 | USA | Arbeitslosenquote |
04.10.2019 | USA | Durchschnittliche Stundenlöhne |
04.10.2019 | USA | FED-Reden (z.B. Powell) |
04.10.2019 | USA | Handelsbilanz |
07.10.2019 | China | Caixin China Einkaufsmanagerindex Dienstleistungen |
07.10.2019 | Japan | Führender Wirtschaftsindex |
07.10.2019 | Deutschland | Werkaufträge |
08.10.2019 | Großbritannien | BRC Einzelhandelsumsätze |
08.10.2019 | Japan | Gesamte Haushaltsausgaben |
08.10.2019 | Deutschland | Industrieproduktion |
08.10.2019 | USA | Erzeugerpreisindex ohne Energie & Nahrungsmittel |
09.10.2019 | Eurozone | Treffen der Eurogruppe |
09.10.2019 | USA | FOMC Protokoll |
10.10.2019 | Japan | Maschinenbestellungen |
10.10.2019 | Eurozone | Geldpolitische Sitzung EZB-Rat |
10.10.2019 | Deutschland | Handelsbilanz |
10.10.2019 | Großbritannien | NS verarbeitendes Gewerbe |
10.10.2019 | Großbritannien | Industrieproduktion |
10.10.2019 | Großbritannien | Bruttoinlandsprodukt |
10.10.2019 | USA | Verbraucherpreisindex |
10.10.2019 | USA | Arbeitslosenunterstützung Erst-/Folgeanträge |
(Quelle: finanzen.net, Stand: 02.10.2019)
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